Der Wolf ist nach Niedersachsen zurückgekehrt! Das ist aus Naturschutzsicht positiv zu werten, kann aber zu Kontroversen führen, wenn Wölfe wirtschaftlichen Schaden durch Nutztierrisse anrichten oder das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinträchtigen. Bei Entscheidungen über den Umgang mit Wölfen in unserer Kulturlandschaft müssen daher neben dem Naturschutz auch die Anliegen der betroffenen Menschen berücksichtigt werden. Ausgleichszahlungen für Schäden, Schutz der Weidetiere und die Vermittlung von Wissen über die Lebensweise der Wölfe sind wichtig, um die Akzeptanz zu fördern. Diese ökologischen, ökonomischen und auch sozio-kulturellen Aspekte machen die Rückkehr des Wolfs zum geeigneten Thema der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).

 

In Bildungseinrichtungen können wir Kinder und Jugendliche frühzeitig erreichen. Am Beispiel der Thematik der Rückkehr der Wölfe nach Niedersachsen können sie lernen, gesellschaftliche Anliegen im Artenschutz aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten sowie Strategien für ein konfliktarmes Miteinander zu erarbeiten. Gleichzeitig üben sie die Teilhabe an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen.

 

Inhalte und Methoden der Bildungsinitiative

Die Ausrichtung der Inhalte und Methoden der Bildungsinitiative erfolgt nach den Zielsetzungen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Ausgehend vom situierten Lerngegenstand "Rückkehr der Wölfe" soll das Projekt bei den Kindern und Jugendlichen neben dem Wissensaufbau vor allem den Erwerb von Gestaltungskompetenz fördern. Als Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet Wissen über nachhaltige Entwicklung anzuwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung zu erkennen (vgl. de Haan, 2007). Nachhaltig ist in diesem Zusammenhang das gelungene Miteinander von Mensch und Wolf und der Schutz einer artenreichen Umwelt.

Im skizzierten Projekt werden die Zielgruppen vor allem in den folgenden Teilkompetenzen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung gestärkt:


I. Vorausschauend denken und handeln:

Die Kinder und Jugendlichen lernen z.B. durch Rollenspiele und durch Recherchen im Rahmen des selbstorganisierten Lernens zur Vorbereitung auf ein Planspiel, was die Rückkehr des Wolfes für das Ökosystem bedeutet. Sie bauen z.B. durch eine Mitmachgeschichte, Rollenspiele, Medien (Filme und Bücher), den Besuch in einem Tiergehege, Interviews mit Experten (Wolfsberater, Besitzer von Wolfshunden), Recherche in Infobroschüren oder Besuche von Hunden mit Hundehaltern im Unterricht Wissen zum Verhalten von Wölfen auf und erwerben eigene Handlungsmuster für ihr Verhalten gegenüber Haustieren (Hunden) und Wildtieren (Wölfen).


II. Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen und handeln:

Die Kinder und Jugendlichen erwerben durch praktisches, wissenschaftspropädeutisches Arbeiten (z.B. Bestimmung der Beutetiere
anhand von Haarresten) und durch Interviews mit Experten (Förster, Jäger, Tierpfleger, Wolfsberater, Vertreter der Behörden) fächerübergreifendes, interdisziplinäres Wissen. Sie "handeln", indem sie eigene kreative Ideen entwickeln und in der Öffentlichkeit ausstellen. So werden im Rahmen des Ideenwettbewerbes zum Beispiel Plakate, Ausstellungen, Vorträge oder auch Exkursionen durch die Schülerinnen und Schüler für andere vorbereitet.


III. Die eigenen Leitbilder und die der anderen reflektieren können:

Die Kinder und Jugendlichen reflektieren ihre Leitbilder im Bezug auf den Wert von einzelnen Arten, Lebensräumen, Ökosystemen. Altersgemäß werden vor allem die Jugendlichen auch die Leitbilder anderer einbeziehen. Sie erwerben damit die Kompetenz zur Perspektivübernahme der Akteure beim Planspiel oder in einzelne Rollen bei wissenschaftspropädeutischen Methoden des Wolfsmonitorings.


IV. An Entscheidungsprozessen partizipieren können:

Die Kinder üben sich bei dem Projekt im kooperativen Problemlösen. Sie können Meinungsverschiedenheiten und Konflikte konstruktiv bewältigen. Zur Bewertung und Lösungstindung nutzen sie Methoden wie Interviewtechnik,
Umfragen und Szenariotechnik.

 

V. Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden:

Die selbstständige Erarbeitung von Hintergrundinformationen in freier Zeiteinteilung erfordert sowohl die Fähigkeit, sich und andere
Gruppenmitglieder zu motivieren, als auch die Fähigkeit,
unterschiedliche Medien und Methoden zur Recherche zu nutzen. Durch Plakatgestaltung oder Informationsweitergabe in Form von selbstgeschriebenen Geschichten und anderen Präsentationen können die Ergebnisse der Kinder bei einem Ideenwettbewerb eingereicht und ausgestellt werden.

 

VI. Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien erkennen und berücksichtigen können:

Über Perspektivwechsel und die Erarbeitung von Hintergrundinformationen erkennen Schülerinnen und Schüler, dass die Akteure unterschiedliche Ziele verfolgen und es dabei zu Konflikten kommen kann.

 

Brille der Nachhaltigkeit